Inhaltsverzeichnis
Industriekultur
Eisenverhüttung
Der Gerhardsseifen ist eine in Europa einzigartige montangeschichtliche Ausgrabungsstätte. Bereits vor 2000 Jahren wurde im Siegerland in den größten Verhüttungsöfen Europas das kostbare Eisen gewonnen. Auf die keltische Produktion folgte knapp 1000 Jahre später eine mittelalterliche Eisenverhüttung. 2012 sollte die Grabungsstätte verfüllt werden. Nur durch den Einsatz vieler ehrenamtlicher Helfer, der Waldgenossenschaft, Heimatvereinen, LWL-Archäologen, Sponsoren, Verein „Ein Siegerländer Tal, …. wurde eine Idee - Wirklichkeit . Das Ergebnis ist letzten Endes beeindruckend. Allen ein „dickes“ Lob, Anerkennung für die geleistete Arbeit und ein dankbares Glück Auf!
Grube Storch&Schöneberg
Maschinenhaus wird Gotteshaus
Von der Grube Storch wird berichtet, dass sie seit 1585 Erze förderte. 1758 lieferte Schöneberg über 167 Zentner Kupfererze. |
Am 5. März 1859 wurden beide Gruben unter dem Namen Gewerkschaft Storch & Schöneberg vereinigt. Um 1900 war die Grube Storch&Schöneberg die größte Spateisengrube Europas. Sie hatte eine Teufe von 1156m und eine Belegschaft von etwa 2000 Bergleuten. Auf dieser Grube wurden bis zur Stilllegung am 30. Januar 1942 ca. 16 Millionen Tonnen Erz gefördert.
Ohne die Umgestaltung zum Kirchenraum wäre das „neue Maschinenhaus“ nach alter siegerländer Tradition längst abgerissen worden. In anderen Ländern wären „Mondrian-Häuser“ (alles so schön bunt hier) an dieser Stelle nicht entstanden. Ebenso wäre aus dieser Bausubstanz in Schweden, Norwegen, Belgien, usw. ein Industriemuseum entstanden.
Röstofen Gosenbach
„Rösten“ von Erz ist als eine wichtige Vorstufe zur Erzverhüttung zu sehen. Das Erz wird beim Rösten bis unter dem Schmelzpunkt erhitzt ( 700 Grad). Das Verfahren diente dazu, unerwünschte Bestandteile wie etwa Wasser und Schwefelbestandteile zu verdampfen. Das Rösten geschah schon im Mittelalter ( Agricola) im Röstbett oder Röstofen. Auf Holzfeuern wurde das zerkleinerte Erz abwechselnd geschichtet und angezündet. Gegebenenfalls folgte ein zweiter oder dritter Röstprozess. Ein Teilstück der Röstofenbatterie der Grube Storch&Schöneberg in Gosenbach gilt als die einzig erhaltene Anlage in Westfalen.
Rechts neben der Bruchsteinmauer ist noch ein angeschnittener Rest eines Röstofens. Hier sieht man bei näherer Betrachtung die Mauerung.
1862 wurden die ersten Röstöfen gebaut und dann ständig ergänzt. So standen 31 Röstöfen direkt an der Grube Storch und Schöneberg, 4 in Niederschelden, 10 am Hüttenplatz. In den folgenden Jahren kamen noch sieben weitere Öfen hinzu. Von den 14 Röstöfen aus der Zeit von 1862 bis 1895 sind noch zwei Öfen sichtbar. Wahrscheinlich befinden sich hinter einem Erdkegel noch zwei weitere Öfen. In der Außenwand fallen vor allem die Öffnungen unter niedrigen Flachbögen auf, aus denen das Röstgut entnommen wurde. Heute sind die Öffnungen zugemauert, der rechte Teil der Ofenwand wird aus statischen Gründen von zwei Betonpfeilern gestützt.
Als die Grube 1911 ausgebaut wurde, entstand am Rothenberg eine mechanische Aufbereitung und eine neue Röstanlage mit 26 Öfen. Bis auf das lange Zeit unbeachtete Teilstück der Ofenanlage am Honigsmund sind mittlerweile alle Ofenanlagen im Siegerland verschwunden. Eisenerz muss vor der Verhüttung aufbereitet werden, dazu gehört das Rösten. Dabei wird der Anteil an Kohlenstoff, der die Zähigkeit der Eisenschmelze beeinträchtigt, ausgetrieben. Außerdem wird das Erz beim Rösten von Schwefel gereinigt und mit Sauerstoff angereichert. Bei diesem Vorgang verliert das Erz 30 Prozent an Gewicht. Die Ofenhöhe betrug zunächst vier bis fünf Meter. Zunächst wurden die meisten Öfen aus Bruchstein oder Ziegelstein rechteckig gemauert und mit feuerfestem Material ausgekleidet. Ab 1898 wurden sie allmählich von hohen, runden und mit Eisenblech umkleideten Öfen abgelöst. Quelle LWL und Gerd Helsper, Gosenbach. Vielen Dank!
Schnitt durch einen gemauerten Röstofen vom 21. Februar 1881 aus dem „Gesuch der Grubengewerkschaft Storch und Schöneberg auf den Parzellen … in Gosenbach.
In der Ellypse ist die Lage der Röstofen-Batterie zu erkennen. Im Hintergrund sehen Sie unbewaltete (kahle) Berghänge. Durch das Rösten wurde zum Beispiel Schwefel freigesetzt. Schwefeldioxid ist ein giftiges Gas welches in Verbindung mit Wasser eine leicht schweflige Säure bildet. Das dann in der Umgebung von Röstöfen (bei Hüttenwerken, Hochöfen) nicht mehr viel wächst, dürfte verständlich sein. Dieses Phänomen der entwaldeten Hügel konnte an den (früh-) industriellen Standorten im Siegerland überall beobachtet werden.
Weitere Informationen
Bauanträge (1893) zum Bau von Röstöfen der Grube Pfannenberger Einigkeit von Gerhard Weyl zeigen die typisch Form der Röstöfen.
Von 1903 stammen diese Baupläne der Grube Grimberg / Niederdielfen
Rostspat
Rostspat ist gerösteter Spateisenstein (Fe2CO3). Hier ein geröstetes Erzstück mit 46 % Fe (Eisen) und 8 % Mn (Mangan) mit Kupferkies. Durch die Hitzeeinwirkung beim Rösten verbrannte der ungeliebte Schwefelkies (siehe Klüfte und Einschnitte).
Im Buch „Chronik der Gemeinde Gosenbach“ von Otto Krasa, 1964, Seite 90 - 93, wird die schädliche Wirkung der Röstgase beschrieben. Er schreibt u.a. „Nägel, Dachhacken, Dachrinnen und Rohre .. wurden von den Röstgasen zerfressen. In den Gärten verdorrte das Gemüse und die Bäume starben ab, es entstanden schwarze Kahlflächen …“. „Näherte man sich… unserem Ort, so hatte man, besonders bei Regen und Nebel, den Geruch des schwefligen Gases in der Nase und ienen unangenehmen kratzenden Reiz im Halse“. Klasse fand ich die Äußerung des Kreisphysikus Dr. Hensgen aus Siegen „Die schweflige Säure, welche den Röstöfen entströmt, wirkt giftig auf den menschlichen Organismus, .. Auswurf, Entzündung des Lungengewebes, … diese gesundheitlichen Schäden wurden behördlicherseits - weil nur auf Vermutung beruhend - nicht als beweiskräftig anerkannt.“ Kein Kommentar zu irgendwelchen Interessen der Wirtschaft und der Politik! … das ist jetzt hundert Jahre her, und hat sich was geändert?
Röstofen Biersdorf
Rösten von Eisenerz: Nachdem der Spateisenstein zu Tage gefördert war wurde er in Brecheranlagen gebrochen. Das taube Gestein wurde per Hand ausgelesen oder durch Maschinen entfernt. Danach kam das Erz in einen Röstöfen. Hier wurde bei großer Hitze z.B. Wasser und Schwefel ausgeschieden. Durch das Rösten wurde der Spateisenstein in Eisenoxid umgewandelt. Dies führte zu einer Erhöhung des Eisengehalts bei gleichzeitiger Gewichtsreduzierung. Negativer Nebeneffekt war die Umweltverschmutzung. Die Abgase führten zu den typisch kahlen Berghängen in der Nähe der Röstanlagen (siehe Bild Füsseberg mit 8 Röstöfen).
Digitale Rekonstruktion von Carsten Trojan, Herdorf
Das heute noch einer der Röstofen in Biersdorf steht, grenzt fast an ein Wunder. Bleibt nur zu hoffen, dass der Heimatverein und die Verantwortlichen die Chance sehen hier ein historisches Bauwerk für die Nachwelt zu erhalten.
Pinge Guldenhardt
Wie die Erhaltung von Industriekultur unsere Landschaft bereichern könnte, zeigt beispielhaft Carsten Trojan an der Grube Guldenhardt bei Herdorf auf. Leider ist es an der „Tagesordnung“ das im Siegerland Relikte des alten Bergbaus ignoriert, nicht wahrgenommen und wissentlich oder unwissend zerstört werden. Dies gilt auch für Hohlwege, frühere Transportwege an den Berghängen des Siegerlandes.